Eine Umfrage von FONDS professionell ONLINE ergab, dass es ein großes Lager von Unentschlossenen gibt, was die neue DIN-77230 betrifft. Diese wird nämlich nicht von allen deutschen Finanzdienstleistern mit Freude empfangen.
Sebastian Grabmeier, Vorstandsvorsitzender von Jung, DMS & Cie.:
„Jeder der uns angeschlossenen Berater und Vermittler ist selbstverständlich frei in seiner Entscheidung, wie er seine Kunden berät. Für uns bleibt es aber dabei: Wir empfehlen nach wie vor eine Beratung nach DIN-77230. (…) Wir wissen von dem Feedback unserer Partner, dass die nach DIN beratenen Kunden besonders zufrieden sind: Das Storno sinkt nahezu auf null und die Empfehlungsquote ist deutlich höher. Dieses Feedback geben wir an alle angeschlossenen Partner weiter, die sich für den DIN-Beratungsansatz interessieren.“
DIN-77230
„Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte“, so nennt sich die neue DIN-77230, welche seit dem 19. Januar offiziell verfügbar ist. Sie gibt Leitlinien vor, wie die der Beratung vorgelagerte Analyse der vorhandenen Absicherungen, Vorsorgeleistungen sowie Vermögenssituation eines Privathaushaltes zu vereinheitlichen ist. Anhand der Abfrage eines vorgegebenen Kanons von „Finanzthemen“ sowie der Erstellung einer Vermögensbilanz sollen Absicherungslücken und der finanzielle Spielraum zur Schließung identifiziert werden.
Ob, wie und wann die Branche dieses Regelwerk annehmen und auch umsetzen wird, ist die spannende Frage. Denn verpflichtet ist sie dazu nicht, da DIN-Normen keinen rechtsverbindlichen Charakter haben, sondern private technische Regelungen, also Empfehlungen, sind. Trotzdem sind sich Experten einig, dass die Norm eine Sogwirkung entfalten wird, wenn sich große Gesellschaften dafür entscheiden.
Die Deutsche Bank sowie die Pools Jung, DMS & Cie. und Confee werden die Norm nutzen oder ihren Partnern mit Nachdruck empfehlen. Ebenfalls Qualitypool empfiehlt die Anwendung. Andere Gesellschaften sind dabei allerdings zurückhaltender. Die BCA „begrüßt“ die Norm und betont, es gebe keinen Grund, von der Norm abzuraten. Fonds Finanz und Fondset empfehlen die Norm nicht direkt, weisen aber auf ihre Vorteile hin.
Es ist ungewiss ob die Partner der Pools sich deren Meinung anschließen. Zwingen können die Pools sie nicht. Andere Umfrageteilnehmer wollen die Norm erst einmal prüfen und die weitere Entwicklung abwarten. In diesem Sinne äußert sich etwa die OVB Holding, Plansecur, die Santander Consumer Bank, die Gothaer Versicherung, HDI, oder auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband.
Harte Opposition
Allerdings gibt es eben noch das gegnerische Lager aus jenen Unternehmen, die die Norm nicht nutzen wollen. Die beiden großen Finanzvertriebe Deutsche Vermögensberatung (DVAG) und MLP gehören zum Beispiel dazu. Ferner unter anderem auch die Frankfurter Volksbank. Die zu den größten Genossenschaftsbanken zählt, sowie Swiss Life, die Targobank und die Hamburger Sparkasse. Begründet wird dies damit, dass sie alle bereits adäquate Analyseprozesse nutzen. Deutlich abgelehnt wird die Norm von der Maklergenossenschaft VEMA, da sie darin wegen des standardisierten Ansatzes letztlich einen Verstoß gegen das Versicherungsvertragsgesetz sieht, das eine individuelle Abfrage nach Wünschen und Bedürfnissen des Kunden vorschreibt.
Quelle: Fonds Professionell